Wie aus Mehl und Wasser ein Freund entsteht.
Während dem Lockdown von Corona habe ich das getan, was hunderttausend anderen auch in den Sinn gekommen ist: ich habe einen Natursauerteig gemacht.
Rezepte dazu gibt es hunderte auf dem Internet, aber egal, ob Sie dazu Weizen- oder Roggenmehl nehmen, Sie brauchen bloss zwei Zutaten: Mehl und Wasser.
Das Leben kommt dann von selbst.
Damit der Schöpfungsakt für neues Leben gelingt, braucht es einzig etwas Geduld.
Mischen Sie zwei Handvoll Mehl mit etwas weniger Wasser und verrühren Sie es zu einem Teig.
Wer es genauer will, findet im Internet unzählige Angaben; man kann die beiden Zutaten auch mit einer Digitalwaage abwägen, aber das ist unnötig.
Dann verrühren Sie das Ganze zu einem klumpenlosen dickflüssigen, zähen Teig und lassen ihn zwei Tage an einem warmen Ort stehen.
Hin und wieder umrühren hilft.
Es gibt Leute, die stellen das iPhone ein, um die genauen Intervalle des Umrührens zu bestimmen und einhalten zu können. Aber bei so einem Sauerteig ist es wie bei einem Kind: mit Sorgfalt und Aufmerksamkeit geht es auch.
Nach zwei bis drei Tagen sollten sich erste Blasen zeigen. Wenn es so weit ist, zweimal täglich mit einer Handvoll Mehl und etwas weniger Wasser weiterfüttern, bis er sein Volumen zu verdoppeln beginnt.
Natürlich muss der Sauerteigansatz dafür mindestens bei Zimmertemperatur stehen. Wer wächst schon an der Kälte!
Bei mir hat es zehn Tage gedauert bis Theo sich so richtig aufgeplustert hat. Ich habe ihn wohl überfüttert.
Im Zweifelsfall etwas weniger füttern, dann klappt das.
Das Schöne an dem Unterfangen ist: Es kann eigentlich kaum etwas schief gehen.
Es soll Teige geben, die zu schimmeln beginnen (Rote Schlieren), aber es reden alle bloss vom Hörensagen. Also: Wenn nix schimmelt, dann erwacht er zum Leben. Und zwar dann, wann es ihm passt.
Wie ein Haustier
Sobald der Sauerteigansatz Lebenszeichen zeigt, beginnt der Beziehungsaufbau. Ich nenne meinen neugeborenen Sauerteigling Theo.
Dann kam das erste Brot.
Ich habe vorsichtig nur mit Weissmehl gebacken. Die Teigführungszeit betrug rund 24 Stunden, die längste Zeit davon lag der Sauerteig im Kühlschrank. Hier das Ergebnis:
Da ich keinen besonders modernen Ofen habe, habe ich den Teig zum Backen in eine alte kleine Creuset Gusseisenpfanne getan, die ich vorher im Ofen 20 Minuten lang auf 230 Grad vorgeheizt habe. Die Kruste war eindrücklich, das Brot, luftig, feucht innen und gut haltbar.
Dann der zweite Versuch mit hellem Dinkelmehl.
Danach waren wir dickste Freunde, der Theo und ich.
Ja, man muss sich um einen Sauerteigansatz kümmern, aber er ist nicht aufwändiger als ein Goldfisch im Teich.
Genügsam ernährt er sich von einer Handvoll Mehl und etwas Wasser. Im Kühlschrank reicht ihm das für eine ganze Woche und wenn man ihn zum Spielen herausholt, dann zeigt er rasch, was in ihm steckt.
Fällt das Backen aus, muss man den Sauerteigansatz dennoch füttern, dann bleibt meist ein Rest übrig, den viele in den Ausguss spülen, oder kompostieren.
Das ist unnötig. Wenn Sauerteigansatz übrig ist, kann man diesen leicht salzen, einige frische Kräuter dazu geben und ihn in der Bratpfanne ausbacken wie einen Pfannkuchen. Zum Apéro mit etwas frischem Sauerrahm schmecken die noch warmen Sauerteigansatzküchlein hervorragend.
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