An der Bahnhofstrasse in St. Gallen ist in den letzten Monaten ein Hofladen entstanden, der nur regionale Produkte verkauft. Das Konzept des Ladens ist neu und hat Potential.
Hofläden sind eine gute Sache. Nur sind sie oft zu weit weg, wenn wir unsere Einkäufe machen. Darum kaufen wir dann den Pantli oder den Sonntagszopf halt nicht beim Bauern, sondern im Supermarkt. Damit ist in St. Gallen nun Schluss, denn eine engagierte Mittelschullehrerin hat im November letzten Jahres einen Mega-Hofladen für regionale Produkte eröffnet, und zwar direkt an der Bahnhofstrasse, gleich gegenüber vom Café Seeger, dort wo der Bus hält.
Auf zweieinhalb Stockwerken findet sich alles, was die Ostschweiz so hergibt und das ist ganz schön viel. Die Auswahl ist saisonal und so abwechslungsreich und vielfältig, dass man sich im Laden gut verweilen kann. Dies hat allerdings noch einen anderen Grund: Die Produkte sind nämlich nach dem Produzenten sortiert. Diese können im Laden Regalflächen mieten und ihre Produkte hach Herzenslust präsentieren. Durch dieses Konzept wird die Kundin nicht nur zum Stöbern animiert, sie sieht auch die bäuerliche Ideenvielfalt.
Direktvermarktung mit Zukunft
In den letzten Jahren haben viele Bauern in die Direktvermarktung ihrer Produkte investiert. Das war nicht immer so. Noch in meiner Kindheit hatten Kunden auf dem Bauernhof eigentlich nichts zu suchen. Wir konnten zwar frische Milch direkt beim Bauern holen, aber dazu mussten wir pünktlich zur Melkzeit da sein, waren wir verspätet, war die Milch weg. Das ist heute anders. Auf vielen Höfen sieht man Hinweistafeln für Produkte und seit es Twint gibt, ist auch das Problem mit den ausgeraubten Kassen in den Hofläden vorbei.
Das Problem vieler Hofläden liegt aber darin, dass sie nur ein kleines Sortiment anbieten können und das Kundenaufkommen sehr wetterabhängig ist und dass oft Produkte liegenbleiben.
Auf vielen Höfen bringen die Produkte zur Direktvermarktung höchstens einen kleinen Zusatzverdienst ein, vielerorts würde eine genauere Nachkalkulation sogar ergeben, dass sich der Aufwand nicht lohnt. Dennoch liegt in der Direktvermarktung ein grosses Potential. Dies kann aber nur ausgeschöpft werden, wenn es gelingt die Prozesse zu straffen, grössere Mengen abzusetzen und die Nachfrage zu stärken. Ich glaube nicht, dass die Zukunft darin liegt, dass wir alle unsere Einkäufe mit dem Elektrovelo in den umliegenden Hofläden tätigen werden, aber wenn ich quasi vor meiner Haustüre einen Laden habe, in dem ich meinen täglichen Bedarf an regionalen Artikeln vollends abdecken kann, dann kann mir doch der Grossverteiler gestohlen bleiben. Wenn noch mehr Leute so denken wie ich, werden sich sogar die Preise etwas senken, denn bei höherer Produktion und besserem Absatz kann meist auch etwas günstiger produziert werden.
Die Produzenten zu den Kunden bringen
Regional und nachhaltig produzierte Produkte müssen nicht billig sein, aber man muss die Qualität und die Sorgfalt schmecken und sehen. Der Kraft-Beer Boom der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Konsumenten durchaus bereit sind, für ein gutes Bier etwas mehr hinzublättern und neue Geschmacksrichtungen auszuprobieren. Das Bier muss aber wirklich gut und anders sein und der Konsum muss Spass machen, dann läuft es rund. Dasselbe gilt auch für andere regionale Produkte. Vom Hofladen kaufe ich nicht, weil ich Mitleid habe mit dem armen Bauern, sondern weil die Produkte cool und innovativ sind und weil ich damit auch meine Gäste kulinarisch begeistern kann. Wenn es dem Regio Herz gelingt, den bäuerlichen und kleingewerblichen Erfindergeist der Ostschweiz noch etwas mehr anzutriggern, dann werden wir in den Augen der Restschweiz hier endlich das, was die Ostschweiz meiner Meinung nach heute schon ist. Eine Region für Feinschmeckerinnen und Feinschmecker.
In unserem neusten Podcast können Sie Grace Schatz, die Gründerin von Regioherz näher kennenlernen und hören, was hinter der Idee steckt.
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